Reiz und Reaktion

Bewusstes Innehalten zwischen einem Reiz und unserer Reaktion darauf.

Wir alle reagieren auf einen stressauslösenden Reiz damit, dass sich etwas in uns zusammenzieht. Ob im Strassenverkehr, auf der Arbeit, in Beziehungen, in Gedanken – immer wieder kommen wir in Situationen, die etwas in uns triggern, auf dass wir mit psycho-physischen Spannungen reagieren. Oft sind die Reaktionsmuster bereits in früher Kindheit entstanden, oder es sind schädliche Gewohnheiten, auf die uns keiner hinweist, weil wir dafür keine Kultur haben: wie wir in der Schule sitzen, im Sport unseren Körper gebrauchen, wie wir essen, arbeiten, atmen,…

Leider teilt unser Gehirn uns dieses gewohnheitsmäßige TUN nicht mit. Es sagt uns nicht: „Carsten, weil du dich von der Verkehrssituation grade bedroht fühlst, hast du deinen Kopf schützend in den Nacken gezogen, deine Schultern in Richtung Ohren, deine Rippen verengt, den Bauchraum verkrampft, die Organe zusammen gezogen, die Beinmuskeln aktiviert,… – ach ja, und deine Gedanken lass ich übrigens leicht panisch im Kreis denken, während dein parasympathisches Nervensystem ausgeknockt ist.“ Würden wir das wissen, könnten wir es ja zu gegebener Zeit wieder lassen. Aber das wenigste davon ist uns bewusst. Oder auch, welche emotionale Ladung sich in den Spannungen verbirgt: Wut, Angst, Scham, Minderwertigkeit – wir sind es gewohnt, wegzufühlen und mit unseren Spannungen zu leben.  

Um meine Spannungsmuster nachhaltig und dauerhaft zu lösen, muss ich wissen, auf welchen Reiz ich wie reagiere. Manchmal reicht schon ein bestimmter Blick des/r Partner*in, und die Reiz-Reaktionskette ist in Gang gesetzt. Um sie bewusst zu durchbrechen, muss man sich seine emotionale Reaktion in vollem Umfang eingestehen: „Ich erlaube mir, bewusst wahrzunehmen, was dieser Reiz in mir auslöst.“ Dann erst habe ich die Möglichkeit, anders zu reagieren. Ich bin meinem unbewussten Reaktionsschema nicht mehr ausgesetzt. Das schafft einen Spalt zwischen Reiz und Reaktion. Oder, wie Rumi es ausdrückte: 

Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum: nur dort kann Heilung und Entwicklung stattfinden. 

In der Sicherheit des Behandlungsraumes in die bewusste Weite dieses Raumes zwischen Reiz und Reaktion zu finden, das ist das Potenzial einer Heilarbeits- oder Alexanderstunde.